Sprichwort der Ashanti:               Auch wenn ein Chamäleon langsam ist,

                                                                  so kommt es doch ans Ziel.

Grünes Paradies oder die grüne Hölle        franz. Guyana

Der heiße modrige Atem des Regenwalds schlug den Passagieren entgegen, welche der vollbesetzte weiße Airfrance Airbus, nach 9 Flugstunden, in Cayenne ausspuckte. Aufgrund der Zugehörigkeit des südamerikanischen Guyanas zu Frankreich, gab es kaum Pass- oder Gepäckkontrollen. Da es keine Busverbindung, in das 17 km entfernte Cayenne, gab, nahmen die Taxis recht stolze Beförderungsbeträge für die Fahrt dorthin. Als letzter verließ ich das Flughafengebäude, weil ich mein Mephisto-Trecking-Fahrrad erst wieder montieren musste.


 

 Der dicke Ast begann sich zu bewegen

Nachdem ich die erste Nacht ein billiges Zimmer in einem simplen Hotel mit jemand Unbekannten  teilte, trug ich am nächsten Morgen die Sonnenschutzcreme  auf und suchte meinen Weg, im dichten Verkehr, aus der Stadt hinaus. 

Schon bald wurde es einsamer. Große grüne, braune oder sogar blaue Eidechsen sonnten sich auf dem warmen Teerband und  flüchteten laut raschelnd ins Gras, als ich vorbeifuhr. Die ersten Affen die ich sah, sprangen vergnügt durch die Baumkronen. Diese pechschwarzen Äffchen sind kaum größer als ein Dackel und piepsten ganz aufgeregt, als sie mich sahen.

Ein dicker Ast, der quer auf der Asphaltstraße lag, begann plötzlich sich zu bewegen, als ich mich diesem näherte. Der Ast entpuppte sich als Riesenschlange, die es nun doch vorzog ihr sonniges Plätzchen zu verlassen, um Schutz im grünen Dickicht zu suchen. Aber vorher gelang es mir noch ein Foto von ihr zu machen.


 

Erste Begegnung mit dem Regenwald

 

Am frühen Nachmittag erreichte ich einen Wasserfall. Da ich es am ersten Tag mit dem Radfahren nicht übertreiben wollte, schlug ich hier mein Zelt auf und unternahm eine kleine Wanderung entlang eines schlammigen Fluss', der tief in den Regenwald führte. Der Regenwald verzauberte mich mit den verschiedensten Grüntönen und der Artenvielfalt der Bäume, an denen wiederum andere Pflanzen emporragten. Beim Einsetzen der Dunkelheit begannen schlagartig die Urwald Geräusche. Ein Pfeifen und Zirpen. Das vielfältige Leben in den Bäumen erwachte. Der Fluss blubberte vor sich hin und leise rauschte der nahe Wasserfall. Aber als ich mich in meinen Schlafsack einrollte, fiel mir schmerzend auf, dass trotz der Sonnencreme, die linke Schulter verbrannt war. Es erinnerte mich an die Nibelungen Saga. Als Sigfried im Blut des erlegten Drachen badete um unverwundbar zu werden, wurde auch eine Stelle nicht benetzt. So ist es mir mit der Creme, die mich vor den UV Strahlen schützen sollte, wohl auch ergangen.


Schweiß strömte in großen Mengen aus mir heraus, floss über die Brauen und biss scharf in den Augen, während ich das Fahrrad über die zerfurchtete Erdpiste hinausschob, bis zu dem Asphaltband, das nach Kaw führte. Eine mächtige dunkelgraue Wolke näherte sich stetig. Dann prasselte der warme Regen heftig los und mit dem Fahrtwind wurde mein erhitzter Körper angenehm abgekühlt. Doch nach wenigen Minuten war alles wieder vorbei. Die glühende Sonne brachte den nassen Asphalt zum Dampfen, wie in einer Sauna nach einem Aufguss. Die Regenjacke erwies sich als vollkommen untauglich. Keinen Regentropfen hatte sie abgehalten. Böen übel riechender Luft fegten nun aus dem Wald. Es war jener typischer warmer Geruch der rottenden Vegetation.

 

Vielleicht ein Riesenkaiman? 

 

Auf dem letzten Stück zum Ort Kaw gab es keine Straße mehr, sodass ein motorisierter Holzkahn mich entlang des Fluss Kaw bis zum gleichnamigen Dorf brachte. Dort gab es lediglich einen bescheidenden Laden, mit nicht so bescheidenden Preisen, in dem ich zwei Zwiebeln erstand. 

 

Ein schmaler Pfad führte aus dem Dorf, in den dichten Wald hinein. Einige Passagen des Weges waren allerdings vom Wasser überspült. Bei einer besonders schwierigen Stelle versuchte ich über einen alten Baumstamm zu balancieren, der dort der Länge nach im Wasser lag, während ich das Rad nebenher schob.

Doch dieser war bereits so sehr verrottet, dass er unter meinen Gewicht zerbrach und ich unerwartet im hüfttiefen, schlammigen Wasser stand. Trotz dieses Misserfolges versuchte ich auch bei bei der nächsten Passage über einen Stamm die andere Seite zu erreichen. Während Mephisto, diesmal sogar gänzlich bis zur Querstange, im trüben Wasser verschwand, bekam ich einen fürchterlichen Schreck als ein großes Tier platschend ins Wasser eintauchte. Was war das bloß? Vielleicht ein Kaiman, die es hier ja zahlreich geben soll. Oder doch bloß ein großer, aufgeschreckter Fisch?

 

 


In einer wackeligen Piroge zu den Kaimanen

Der französische Dorflehrer, bei dem ich untergekommen war, organisierte mir am nächsten Tag einen kleinen Einbaum mit dem ich auf den Fluss hinaus paddeln konnte, um die Riesenkaimane zu beobachten. Aber diese Nussschale, in der nur eine Person sitzen konnte, schaukelte so fürchterlich, dass ich den Fotoapparat lieber am Land zurück ließ. Zu allem Überfluss war dieser ausgehöhlte Baumstamm, den man hier Boot nannte, schon so alt, dass durch alle Ritzen Wasser eindrang, welches ich regelmäßig ausschöpfen musste. Ein oder zweimal erschrak ich, weil schon soviel Wasser eingedrungen war, dass das Gewicht mein Boot so tief ins Wasser drückte, sodass der Fluss schon an die Pirogenkannte reichte und ich drohte unterzugehen.


Tour ohne Fahrrad

Auf demselben Weg, den ich von Cayenne nach Kaw geradelt war, ging es wieder zurück. Doch für die Durchquerung der Wasserlöcher bekam ich von meinem Fahrrad dann die Quittung. Das Tretlager ging kaputt. Da ich an einem Sonntag in Cayenne ankam und alle Geschäfte geschlossen hatten, verbrachte ich die nächste Zeit auf einer Holzbank im Schatten der Palmen, am felsigen "Pointe des Amadiers" und beobachtete das Spiel der Wellen. Das ockerfarbene Meer, dessen Farbe hier "Kaffeecreme" genannt wurde, und der starke Wind, luden mich aber nicht zu einem Bad ein.

Das Tretlager musste erst in Frankreich bestellt werden und das dauerte ein paar Tage. Ich nutzte den unfreiwilligen Stadt Aufenthalt, um mir bei Air Guyane einen Flug in das Urwald Dörfchen Saül zubuchen, dass nur noch per Flugzeug erreichbar war. Vor 120 Jahren bahnten sich riesige Goldsucher Trecks durch den moskitoschwangeren Primärwald zu der, damals mit 2000 Einwohnern, größten Stadt Guyanas. Nachdem der Goldrausch abgeklungen war, verfiel der Ort, sodass es nur noch 50 - 60 Einwohner dort gab. Aber die vielen Wege rundherum, durch den Wald, waren immer noch begehbar und waren ein einmaliges Erlebnis. Ein schmaler Dschungelpfad führte mich hinein in den, durch den dichten Bewuchs, immer dunkler werdenden Wald mit seinen gigantischen Urwaldbäumen, die von meterhohen, weit ausladenden, fächerigen Wurzeln gestützt wurden. Das dichte Blätterdach ließ nur wenig von dem einsetzenden, tropischen Regen durch. Trotzdem wurde der Pfad immer matschiger und schon bald war ich voller Schlamm.

 


 Schaurige Korrekturzellen

Nach 5 Tagen konnte ich mein Fahrrad wieder aus der Werkstatt abholen und meine Reise damit fortsetzen.

 

Während des Indochina Krieges in den 30er Jahren, errichteten die Franzosen mitten im Wald ein Gefangenen Lager für intellektuelle Asiaten. Für 300 Menschen war das Internierungslager ausgelegt. Aber über 500 Gefangene wurden hier untergebracht, die dann 10 Stunden am Tag Zwangsarbeit verrichten mussten. Das also war mein neues Ziel. Eine verrostete Lore und einige Schienen lagen hier, noch als stummer Zeuge der Geschichte, rum. Da eine Flucht in den Urwald sowieso unmöglich 

erschien, konnten sich die Internierten sonst frei bewegen. Wer eine Flucht dennoch versuchte, auf den warteten sogenannte Korrekturzellen Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken, beim Anblick dieser winzigen zweimal ein Meter Zellen. Eine unglaubliche Vorstellung, dass Menschen darin bis zu 40 Tage bei minimaler Verpflegung eingesperrt wurden. Nur eine hölzerne Pritsche, die an dem dicken Mauerwerk befestigt war, konnte ausgeklappt werden. Ein Dach gab es nicht, stattdessen Stahlträger, die die Zellen nach oben begrenzten, sodass die Gefangenen der Sonne und dem Regen gnadenlos ausgesetzt wurden. 



Wesen aus einer Anderen Welt

 

Von hier war es nicht mehr weit bis zum Ende des Pfades. Dort floss schnell der rötlich-braun gefärbte Tonegrande Fluss geräuschvoll durch den Wald, in dem ich zuerst ein erfrischendes Bad nahm sowie mein verdrecktes Gefährt vom Lehm säuberte. Über den Fluss bildete sich Nebel. Fische sprangen hoch. Die typischen Urwaldgeräusche, das Piepsen und Surren, sowie die zahlreichen Vogelstimmen, ließen den Platz märchenhaft schön erscheinen. Obwohl dieser Ort mal die Hölle gewesen sein muss, fühlte ich mich wie im Paradies.

In der Nacht jedoch setzte auf einmal ein furchteinflössendes Geheul ein. Es war so dermaßen laut und klang so befremdend, dass es nur Wesen aus einer anderen Welt hervorbringen konnten.

 

 


Doch zum Glück wusste ich, dass diese Geräusche nur von den berühmt berüchtigten, aber harmlosen, Brüllaffen stammen konnten. Und so schlafe ich, trotz der schaurigen Geräuschkulisse, in meinen Zelt – in „meinen Paradies“ ein.

 

Auf den Spuren von Papillon

Auf der weiteren Reise begleiteten mich immer wieder wunderschöne Schmetterlinge, die bis zu Unterteller Größe erreichten und zumeist leuchtend blaue Flügel hatten.

Eine einspurige, alte Stahlbrücke überspannte den Fluss Sinnamary. Gegenüber der Post sollte, laut meinem Reiseführer, die Piste zum Strand Roche Blanche führen. Unweigerlich erinnerte ich mich an das Buch „Papillon“ das mit Steve McQueen in der Hauptrolle verfilmt wurde.

Dort war damals Papillon, nach seiner Flucht von der Teufelsinsel, mit seinem selbstgebauten Kokosnussfloß angekommen. Als sein Weggefährte das Floß verließ, versank er vor seinen Augen, in dem bei Ebbe freiwerdenden Treibsand.

Während dunkelblaue, dicke Regenwolken den bevorstehenden Monsunregen ankündigte, überquerte ich auf dem Weg zu dieser Stelle, eine weitere altertümlich verrottete Metallbrücke mit Holzbeplankung.

Wolken begannen zu weinen

Dann begannen die Wolken zu weinen. Sturzbäche von Regenwasser, das vom Lehm ockergelb gefärbt war, strömte die Piste hinab, sodass ich mit den Pedalen, bei den nicht mehr sichtbaren Schlaglöchern, bis zu den Waden im Wasser eintauchte. Das Grün rückte immer dichter an den Weg heran und plötzlich war der Wald so nahe, dass nur noch eine Art Tunnel von der Piste übrig blieb. In dieser grünen Röhre peitschten mir fünf Kilometer lang die nassen Blätter ins Gesicht. Schlimmer war jedoch, dass wenn ich nicht mehr in Bewegung war, mich die zahlreichen Stechfliegen (= Mangrovenbremsen) heftigst attackierten. Sie rissen mir Löcher in die Haut, um das Blut mit ihren Rüsseln auszusaugen. Aber ab und zu war ich gezwungen anzuhalten, um das Rad über einen quer liegenden Baum zu heben oder um den verrutschten Wassersack wieder aufzurichten. Völlig unerwartet flutschte ich förmlich aus dem nassen Tunnel, um auf einer wenige Quadratmeter kleinen Lichtung zu landen.

Treibsand

Von hier folgte ich den Pfad zwischen den Mangroven zu Fuß weiter. Rechts und links vom Pfad waren die Sümpfe. Zwei sumpfige Passagen ließen mich zögern, da ich schließlich nicht darin versinken wollte. Doch ich fand die Möglichkeit mich an den Bäumen festzuklammern und Stück für Stück dort hindurch zu hangeln. Irgendwann wurde es dann doch zu gefährlich und ich trat den Rückweg an, ohne ans Meer gelangt zu sein, dessen Brandung ich bereits die ganze Zeit hörte.

 


Im Eiltempo radelte ich zurück durch diesen feucht grünen Blättertunnel. Anders als ein vor mir stehendes Aguti, gelang einer kleinen braunen Schlange erst im letzten Moment die Flucht, als ich sie bereits mit dem Vorderrad berührte. Plötzlich durchzog ein heftiger, stechender Schmerz mein linken Oberschenkel. Irgendetwas hatte mich erwischt. Vielleicht eine giftige, stachelige Pflanze oder...

Es war eine dieser tellergroßen, haarigen Vogelspinnen. Nun erwartete ich, dass ich jeden Moment bewusstlos zusammen brechen würde.

Eine Vogelspinne hatte mich erwischt

Aber zum Glück passierte nichts dergleichen, außer dass es weiterhin heftig schmerzte.

Bei einem ziemlich verwitterten, leerstehenden Haus, das von Hunderten harmlosen Vampirfledermäusen bewohnt war, baute ich mein Zelt zwischen Orangenbäumen, Kokospalmen und einem Kaktus, im weichen Sand auf. Ich pflückte eine Kokosnuss und trank wegen deren Unreife lediglich die Milch. Das heißt ich trank nur den Rest, der bei meiner umständlichen Öffnungsaktion noch davon übrig geblieben war.

Immer Nass

Am nächsten Morgen zog ich nun vor Schmerzen humpelnd, die immer noch feuchten Sachen an, damit diese am Körper in der Sonne trocknen konnten.

Ich passierte die Galibi Indianersiedlung Organabo. 

Am gleichnamigen Fluss machte bei den kleinen Stromschnellen Rast, um etwas zu essen. Beim Aufstehen rutschte ich von dem glatten Stein und landete in dem aufgewühlten Fluss. Nach diesem unfreiwilligen Bad war meine Kleidung erneut durchnässt. Und das nicht zum letzten Mal.

 

Zwei bunte Papageien flogen über mich hinweg, als ich mitten in einem Schlammloch stecken blieb, weil ich es übersah, als ich zu ihnen hoch in die Luft schaute. Ihr Schreien erschien mir als würden sie mich auslachen. Bald hinter dieser Stelle war der Erdweg durch einen vier oder fünf Meter tiefen Graben unterbrochen, über den lediglich ein breiter Balken lag. Zuerst versuchte ich probeweiser alleine über diese Spalte zu kommen. Nach diesem erfolgreichen Testlauf folgte meine zirkusreife Nummer.


Bananenpampe zum Kette schmieren

Mit dem gepäckschwangeren „Mephisto“ auf den Rücken, balancierte ich Schritt für Schritt, auf die gegenüberliegende Seite. So konnte ich, mit der mittlerweile so knochentrockenen Fahrradkette, quietschend und laut ratternd weiter fahren. In Ermanglung des notwendigen Öls rieb ich die Fahrradkette mit einer zerquetschten Banane ein.


 

Zwei Indianerdörfer am ende der Straße

Nach 120 Kilometern, die ich an diesem Tag zurück gelegt hatte, erschien mir die Stadt Mana irgendwie unwirklich. Als wären die Häuser nur die Fassaden einer Hollywood  Kulisse. Doch genau dieser Charme und das Charisma war es, das mir gut gefiel an Mana. Aber dann fiel mir auf, dass es nur noch 20 Kilometer waren, bis zu jenem Nordwestzipfel Guyanas, zu dem die weltgrößten Meeresschildkröten zur abendlichen Eiablage an dem Strand kommen.

 

 Obwohl ich schon so erschöpft war, achtete ich

auf das Tacho, welches nicht unter 20 km/h sinken sollte, damit ich in einer Stunde den Strand erreichen konnte. So erreichte ich mühselig, die beiden Indianerdörfer Awala und Yaliampo und dann das Ende der Straße, dass zu einem großen Parkplatz ausgebaut wurde und nun voller Autos stand. Am Strand waren so viele Europäer, dass ich Bedenken hatte, ob die Schildkröten wirklich kommen würden? Doch als mein Zelt gerade aufgebaut war, bildete sich am Meer ein Menschenauflauf, in dessen Mitte die erste Lederschildkröte ans Land gerobbt kam.



Als es richtig dunkel war tauchten immer mehr Tiere aus der Brandung auf. Überall wo man nun am Stand Taschenlampen sah, versammelten sich die Touristen um ein Tier bei der Eiablage zu beobachten. Dabei lagen die gewaltigen Vorderflossen weit abgespreizt im Sand und mit den beiden Hinterflossen schaufelten sie erstaunlich schnell, das tiefe Loch im Sand. Feucht glänzend fielen , die etwa 10 weißen Apfel großen Eier, in das Loch. Die Schale ist sehr weich, damit die Eier beim Aufprall nicht kaputt gingen.

 

Frisch geschlüpft und Kopf abgeschnitten

 

Ganz in der Nähe entdeckte ich einige frisch Geschlüpfte und kaum 50 Gramm leichten Schildkröten auf dem Weg zum Meer. Sie hatten die 40 Tage Brutzeit im warmen Sandloch bereits hinter sich. Den tiefen Nest sind sie entkommen indem sie mit ihren Körpern eine Art Treppe bildeten. Die letzten musste daher bereits sterben bevor sie die Oberfläche erblicken konnten. Die nächsten töteten die Gespensterkrabben, die mit ihren Scheren den Babys blitzartig den Kopf abschnitten um diesen zu verzerren. Die, die es bis zum Wasser schafften, wurden meist von den dort bereits warteten Fischen sofort gefressen. So dass von den 100 geschlüpften höchstens Eine überlebte.


Nur wenige Meter von meinem Zelt entfernt,lag eine Mutterschildkröte, durch die Dunkelheit geschützt vor den blicken der Menschen. Ich vermied es meine Taschenlampe zu benutzen und setzte mich ruhig zu meiner „alten Dame“. Als sie die Eier mit Sand bedeckt hatte, drehte sie sich im Kreise um das Nest unkenntlich zu machen. Allerdings waren die riesigen Spuren die sie dabei hinterließ kaum zu übersehen.

Rettung der Lederschildkröte

 

Je vier mal setzte das urzeitliche, 500 Kilo schwere und 2 Meter lange Geschöpf ihre Vorderflossen weiter und machte dann eine Pause, um zwei tiefe, röchelnde Atemzüge zu nehmen. Eine schwere Holzpirroge versperre ihr jedoch den Rückweg zum Meer. Mit ihren mächtigen Körper knallte sie vor dem Bootsrumpf. Irritiert wechselte sie die Richtung und schob schwerfällig wieder den Strand hinauf. Dort versuchte sie es mal nach links und mal nach rechts, aber sie fand nach einer Stunde immer noch nicht die Richtung zum sicheren Meer. Irgendwie wollte ich meiner „Alten Dame“ 

helfen. Deshalb hockte ich mich direkt vor dem sichtlich erschöpften Tier und richtete den Lichtkegel meiner Taschenlampe auf mich. Ihr großer Kopf hob sich und sie schaute mich mit großen runden Augen, aus den zähe schleimige Tränen flossen,traurig an. Diese Tränen waren jedoch nur eine natürliche Reaktion,der an das salzige Meerwasser angepassten Augen.

Tatsächlich bewegte sie sich langsam auf mich zu. Sie folgte mir also und so gelang es,sie Stück für Stück zum Meer zu geleiten. Dann tauchte der wuchtige graue Panzer in der Brandung ab.Gerührt kamen mir ein paar Tränen

 

 



Mein nächstes Ziel war St Llaurent du Maroni an der Grenze zu Surinam. Am Anlegeplatz der schweren Holzkanus war ein emsiges treiben zu beobachten. Frauen wuschen die schmutzige Kleidung im braunen Maroni,die sie mit Schubkarren dorthin transportierten. Andere nahmen die Fische aus, um das Essen vorzubereiten.

Die Verständigung war auf Taki Taki denkbar schlecht

Die Männer, die im Wasser standen,waren völlig mit Seifenschaum bedeckt und sprangen dann vergnügt in den Strom. Ich versuchte eine Piroge zu bekommen,die mich mitnehmen würde auf der reise über den Maroni Fluss. Aber die Verständigung g war denkbar schlecht, da in dieser 15000 Einwohner Stadt etwa 40 verschiedene Dialekte gesprochen wurden. Daher war hier die Handelssprache nicht französisch,sondern Taki-Taki. Ein Sprachgemisch aus holländisch,französisch und kreolisch. So musste ich mich unter Zuhilfenahme von Händen und Füßen verständlich machen.

Ein junger Mann mit Namen Rudi, bei dem auch,wie hier üblich, ein vergoldeter Schneidezahn blitzte , erklärte sich bereit mich mitzunehmen. Das Fahrrad und ein Großteil des Gepäcks stellte ich bei Leuten unter die ich hier kennen gelernt hatte.

 


 6 Tonnen Piroge

 

Zuerst überquerten wir den Grenzfluss. Auf der gegenüberliegenden Seite befand sich die Stadt Albina die zu Surinam gehörte. Dort wurde die 30 Meter lange Piroge mit 27 großen 200 Liter Blechfässern voll Diesel beladen. Somit hatte die Piroge das erstaunliche Gewicht von 6 Tonnen zu tragen.

 

Die ersten zwei Stunden brummte der 65 PS starke Außenborder ruhig dahin. Doch dann erschienen die ersten Stromschnellen. Der Motor heulte schrill auf und eine warme Wasserwelle brach über die Wandung des Bootes auf der ganzen Länge herein. Das bedeutete Arbeit für 

Bowini, den jüngsten der vierköpfigen Crew. Er hatte seinen Platz in der Mitte, wo keine Fässer lagerten. Dort musste er ständig das Wasser raus schaufeln. Die beiden Anderen Besatzungsmitglieder, Glen und Adam, hatten ihren Platz ganz vorne, um dort mit langen Holzstangen die Piroge in die gewünschte Richtung zu drücken, damit sie nicht aufläuft.

 

 

Zu meinen nassen Hosenbeinen kam auch wieder die Feuchtigkeit von oben hinzu. Aber an die immer wieder kommenden heftigen Regengüsse hatte ich mich bereits gewöhnt.



 

Seltsame Flöße und Gold-Desperados

 Seltsame Flöße die mitten im Maroni verankert waren,durchbrachen mit ihren schweren Deutz Motoren die Stille. Es waren Goldsucher Flöße, die den schlammigen Boden des Maroni hoch pumpten und über große Schüttelsiebe leiteten. Das Gold wurde dann mit Hilfe von Quecksilber herausgetrennt. Wasser, Sand und jenes gefährliche Quecksilber wird wieder in dem Fluss geleitet. Trotz des enormen Lärm wurde auf diesen blechernen Inseln gearbeitet und geschlafen. Manche Gold- Desperados hatten richtige Blockhütten darauf gebaut. Anderen reichte ein provisorische Hängematten Unterkunft. Auch Frauen lebten dort und sogar Kinder jedes Alters waren auf den Flössen zu sehen. Abendstrafen wir die erschöpfte und verbraucht aussehenden Golddigger in den Baracken am Flussufer, wo sie ihr Gold direkt in Spirituosen umwechseln konnten oder sich mit einigen heruntergekommenen extrem geschminkten Mädchen vergnügten. Richtig reich wird man beim Gold schürfen kaum. So das die Digger in der Hölle inmitten des Paradies lebten.Ähnlich wie die gefangenen damals am Tonegrande Lager.


Schweigender Faßsitzer

Meist fuhren wir dicht am Ufer entlang,da die Strömung dort nicht so stark war.So verbrachte ich viel Zeit, als schweigender Fasssitzer oben auf der Ladung und beobachtete dichte grüne Waldwand, die an beiden Seiten vorbeizog, die undurchdringlichen Mangroven die ein anlegen unmöglich machten und manchmal ein paar Affen in den Baumkronen.

 Plötzlich tauchte ein sehr großer Wasserwirbel auf. Wieder heulte der Motor im Vollgas auf und trotzdem schien die Pirogge an der Stelle fest zu kleben.Die weiße Gischt spritzte hoch und eine

gewaltige warme Welle überflutete schlagartig . 

das ganze Boot. Die Ereignisse überschlugen sich

Denn im gleichen Moment katapultierte ein weit in den Fluss ragender Ast unseren Steuermann Rudi in die reißende Strömung.Die tonnenschweren Fässer rutschten zur Seite und das nun in Schlagseite liegende Boot rammte führerlos in die Böschung eines Seitenarms. Derweil klammerte sich der fortgespülte Rudi mit Händen und Füßen an einem Baum.mit vereinten Kräften mussten wir erstmal die Fracht richten, das lädierte Boot fahrbereit machen und erst dann konnten wir Rudi aus seiner missliegen Lage im Wasser befreien.



Der Motor wurde jedoch beschädigt und deshalb stoppten wir bei einer handvoll verwitterter Holzhäuser, vielmehr Holzbaracken mit silbernen,rostigen Wellblechdächern,die am Ufer stand. Der Motor bekam eine neue Schraube, und die leckem Stellen im Bootsrumpf mit blechen und darunter Pappe vernagelt.

Ohne Frühstück brachen wir am folgenden morgen in aller frühe auf. Wachen und Zähneputzen im Maroni kam für mich nicht in frage, weil eine glitzernde Ölschicht darauf schwamm. Nach drei Tagen erreichten wir Maripasoula. Es war ein großer unwirklicher Ort mitten im Wald ohne Verkehrsanbindung.

Goldgräber Camp im Reservat

 

Von hier ging die Fahrt weiter in das Indianer Schutz Reservat, das als Sperrgebiet galt. Aber das schien niemanden ernsthaft zu interessieren. Die Dieselfässer waren für ein ganz neu angelegtes Goldgräbercamp im Reservat bestimmt. Just in dem Moment als wir dort anlegten stürzte ein Baum ,ohne direkte Fremdeinwirkung, laut krachend zu Boden und zog eine tiefe Schneise in die üppige Vegetation. 


Aber ein Bagger hatte bereits eine viel breitere Rodung den Berg hinauf betrieben. Irgendwo weiter im Landesinneren soll die neue Goldmine sein.und bis dorthin klafft eine tiefe Wunde in den Wald. Als Rudi vom Gran Patrone ein Plastiktütchen mit 250 Gramm Goldstaub für die gelieferten 5600 Liter Diesel erhielt,stürzte plötzlich ein Palmzweig krachend neben mir auf. So etwas hätte mir das Augenlicht kosten können.

Trage den Dreck von einem großen Abenteuer

Jeden morgen brachen wir um 4:00 Uhr auf und der Nebelschwaden strich angenehm kühl durch 

das Gesicht. Die Indianer paddelten in ihren Kanus über den Fluss,mit seinen tausend Inseln und Inselchen, die in allen möglichen Richtungen umfahren werden mussten,.So erreichten wir wieder St. Laurent du Maroni wo ich bald bemerkte das mich die Leute dezent von oben bis unten dezent musterten. Erst da fiel mir auf das meine Kleidung völlig verdreckt war. Irgendwie machte es mich zwar ein bisschen Stolz den Dreck von einem großen Abenteuer zu tragen, aber gleichzeitig schämte ich mich ein wenig, das natürlich niemand von meiner zurückliegenden Tour wissen konnte.